Gericht erlaubt Nennung eines Ex-Bundestags-Kandidaten der AfD

Es gibt immer wieder Kandidaten, die nichts mehr von ihrer Partei oder ihrer Kandidatur zum Bundestag wissen wollen und daher bei WEN WÄHLEN? nicht aufgeführt sein wollen. Nun liegt eine Gerichtsentscheidung vor, die die Meinungs- und Pressefreiheit stärkt und uns die Veröffentlichung von Angaben über ehemalige Kandidaten weiter erlaubt.

Aus der Entscheidung des Amtsgericht Hamburg: 

»[…] Unstreitig war der Antragsteller im Jahr 2013 Mitglied der AfD und ist über die Landesliste des Landesverbandes Hessen für die Bundestagswahl 2013 angetreten.

Sollte damit die Verbreitung einer wahren Tatsachenbehauptung anzunehmen sein, wäre deren Untersagung in der Regel nur dann auszusprechen, wenn die Aussage die Intim-, Privat- oder Vertraulichkeitssphäre betrifft und sich nicht durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lässt […] oder wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht […]. Keine dieser Voraussetzungen dürfte erfüllt sein.

Dass die Mitgliedschaft des Antragstellers in der AfD der Privat- und nicht der Sozialsphäre zuzuordnen wäre, erscheint fraglich. […] Indem der Antragsteller sich für die Wahl zum Bundestag auf die Landesliste des Landesverbandes Hessen der AfD wählen ließ, dürfte er allerdings in diesem Sinne selbst dann in die Öffentlichkeit getreten sein, wenn er letztlich nur einen hinteren Listenplatz errungen haben möge. Denn es dürfte davon auszugehen sein, dass mit der Stellung als Bundestagskandidat regelmäßig eine erhöhte Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit einhergeht, die sich über politische Zusammenhänge im Zusammenhang mit der Bundestagswahl informiert.

Sollte die Parteimitgliedschaft des Antragstellers damit der Sozialsphäre zuzuordnen sein, dürften die Äußerungen darüber nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind […]. Dies ist allerdings bereits nach dem Vortrag des Antragstellers nicht ersichtlich. Die Pauschale Behauptung, die angegriffene Veröffentlichung sei geeignet, das berufliche Fortkommen zu beeinträchtigen, dürfte nicht das oben dargestellte erforderliche Maß für die Annahme schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht erreichen. Gegen das Bestehen einer Prangerwirkung dürfte zuletzt sprechen, dass der Antragsgegner nach dessen Vortrag dem Antragsteller außergerichtlich angeboten hatte, auf der Webseite eine Verlinkung aufzunehmen, über die der Antragsteller die Gründe seines Parteiaustritts darlegen könne.«

Mehr dazu findet sich dort: Gericht: Nennung eines Ex-Bundestagskandidaten der AfD ist rechtmäßig